Inhaltsverzeichnis
- Die eigene Praxis: Praxisübernahme vs. Praxisgründung
- Praxisfinanzierung - Ermittlung der Finanzierungssumme, Businessplan und notwendige Dokumente
- Finanzierungsmodelle für Praxisfinanzierungen
- Die Laufzeit der Praxisfinanzierung
- Partner und Anbieter von Praxisfinanzierung
- Kosten einer Praxisfinanzierung
Die eigene Praxis: Praxisübernahme vs. Praxisgründung
Der Weg zur eigenen Praxis führt entweder über eine Praxisübernahme oder eine Praxisgründung. Der Vor- und Nachteile der einzelnen Praxisformen sollte man sich bewusst sein:
- Einzelpraxis
- Berufsausübungsgemeinschaft
- Praxisgemeinschaft
- Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)
- Praxisnetz
Insbesondere bei der Neugründung einer Arztpraxis oder einer Zweigpraxis müssen Vorschriften und Regelungen beachtet werden. Dazu zählt neben dem Verständnis für die Abrechnung in der Arztpraxis auch das Gesundheitsstrukturgesetz, welches ausschlaggebende Faktoren wie z. B. den Standort regelt. Im ersten Schritt gilt es zu Prüfen, ob die zu eröffnende Praxis in ein zulassungsfreies Gebiet fällt, da eine Neugründung ansonsten nicht möglich ist. Als zulassungsfreies Gebiet gelten derzeit unterversorgte Gebiete, also Regionen, in denen die medizinische Versorgung durch Ärzte nicht flächendeckend gewährleistet werden kann. Dies ist beispielsweise in den ländlichen Regionen der neuen Bundesländer oftmals der Fall. So kann es also dazu kommen, dass Ärzte für eine Praxisgründung umziehen müssen. Wichtig: Diese Regelung gilt nur für Allgemeinmediziner!
Soll eine Facharztpraxis eröffnet werden, greift nicht das Gesundheitsstrukturgesetz sondern die von der Kassenärztlichen Vereinigung geführte Bedarfsplanung, die nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert. Um den Versorgungsstand eines Gebietes zu bestimmen, werden die Einwohnerzahlen ins Verhältnis zu den jeweiligen Facharztpraxen gesetzt. Dabei gelten für die unterschiedlichen Fachrichtungen individuelle Begrenzungen pro Gebiet.
Im Gegensatz dazu steht die Übernahme einer bereits bestehenden Praxis. Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer muss sich dabei über alle gesetzlichen Vorgaben im Klaren sein, da ansonsten enorme wirtschaftliche Einbußen die Folge sein können oder die gesamte Übergabe nichtig gemacht werden kann. Einige der wichtigsten Faktoren, die bei einer Praxisübernahme betrachtet werden sollten, sind:
- Mietverträge
- Patientenkartei
- Steuerrecht
- Arbeitsverhältnisse
- Praxiseinrichtung
- Nachbesetzungsverfahren
- Kaufpreis
Das öffentlich-rechtliche Nachbesetzungsverfahren kommt dann zum Tragen, wenn die zu übernehmende Praxis in einem zulassungsgesperrten Gebiet liegt, bei dem die Versorgungsrate bereits bei 110 % oder höher liegt. Bei darunterliegender Quote erhält der Nachfolger eine sofortige Zulassung. Ein Zulassungsausschuss stimmt über die Nachbesetzung der Praxis ab und kann so gut wie gar nicht von Gerichten beeinflusst werden.
Ärzte die im Besitz ihrer Approbation sind, können im Anschluss an eine Praxisgründung in ihrer Praxis Privatpatienten und Selbstzahler behandeln. Für eine Behandlung von kassenärztlichen Patienten ist eine Zulassung als Vertragsarzt notwendig, die von der Kassenärztlichen Vereinigung eingeholt werden muss. Allerdings ist die Anfrage in der Regel eine reine Formalität und wird in den meisten Fällen nach Eingang direkt erteilt. In Sonderfällen kann es aber auch zu weiteren Rückfragen kommen.
Praxisfinanzierung - Ermittlung der Finanzierungssumme, Businessplan und notwendige Dokumente
Sobald geklärt ist, in welcher Form die eigene Praxis realisierbar ist, geht es um den finanziellen Teil. Die wenigsten Ärzte verfügen über genug Eigenkapital um die Kosten der eigenen Praxis auf einen Schlag zu decken. Daher werden Praxisneugründungen und -übernahmen regelmäßig über passende Finanzinstitute mit Darlehen versorgt. Bei der Finanzierung sollten die folgenden Kostenpositionen mit einkalkuliert werden:
Kostenposition | Erklärung |
Substanzwert | Materieller Wert der Praxis (inkl. der Einrichtung) |
Goodwill | Immaterieller Wert der Praxis (Lage, Patientenstamm, Mitarbeiter, Ruf der Praxis) |
Bau- und Umbaukosten | Renovierungen oder An-/Umbauten |
Medizingeräte und Inventar | Überlassene Geräte des vorherigen Arztes bei Praxisübernahme |
Betriebsmittelkredit | Laufender Kredit, meist in Form des Kontokorrentkredits, der die anfallenden Kosten bei Betriebsaufnahme decken soll |
Finanzierungsvolumen | Summe der oben genannten Posten |
Die reine Berechnung des Finanzierungsvolumens ist allerdings nicht ausreichend, denn ebenso wie die Praxisplanung, spielen auch die privaten Pläne eine Rolle. So müssen ebenfalls Faktoren wie die Finanzierung von privatem Eigentum (aktuell oder auch zukünftig), die grobe Lebensplanung (Kinderwunsch, Bildungskosten wie z. B. Universitätskosten der Kinder, Altersvorsorge, etc.), zukünftige Praxis-Investitionen und die Verfügbarkeit und der Einsatz von Eigenkapital mit einberechnet werden, da sich dadurch eventuell Synergien für bestimmte Finanzierungsmethoden ergeben, die zu einer Steuerersparnis führen können.
Anschließend an die Kalkulationen der Finanzierungssumme sollte ein Businessplan erstellt werden, der die Grundlage für die Finanzierung bei einem Kreditinstitut bilden wird. In diesem werden die zukünftigen Kosten und Erträge, sowie eine Gewinnprognose für die Praxis enthalten sein. So lässt sich die Liquidität bestimmen, welche im Zweifel über den Betriebsmittelkredit finanziert werden muss. Besonders die ersten sechs bis neun Monate sind ein kritischer Zeitpunkt für die Praxis, da die ersten Nachzahlungen von der KV erst nach diesem Zeitpunkt erfolgen und neuen Antrieb geben. Aus den ungefähren Einnahmen der Praxis kann darüber hinaus die Tilgung des Finanzierungskredites errechnet werden. Außerdem bieten die Kennzahlen aus dem Businessplan ein solides Fundament für die Erstellung von Handlungsempfehlungen.
Für die Erstellung eines Businessplans sollten Sie die folgenden Dokumente bereithalten:
- BWA (Betriebswirtschaftliche Auswertung) des laufenden Jahres
- Gewinnermittlung aus den drei vorherigen Jahren
- Übersicht des Anlagevermögens
- Inventarverzeichnis (auf dem neuesten Stand)
- KV-Abrechnung aus den letzten 12 Monaten (inkl. Häufigkeit und Regelleistung)
- Mietvertrag
- Aufstellung der Mitarbeiter, Lohnjournal und Verträge
- Aufstellung der persönlichen Einnahmen, Ausgaben und Verbindlichkeiten
Finanzierungsmodelle für Praxisfinanzierungen
Um die Finanzierung nun zu realisieren, gibt es mehrere Möglichkeiten in Form von unterschiedlichen Finanzierungsmodellen. Dabei lässt sich keine allgemeingültige Aussage zum besten Finanzierungsmodell treffen, da die Eignung der Modelle sich von Fall zu Fall gravierend unterscheidet. Deshalb ist eine Beratung bei einem unserer Partner in jedem Fall ein wichtiger Schritt, der Ihnen dabei hilft, Ihren Traum von der eigenen Praxis realisieren zu können. Um Ihnen eine Übersicht zu den Finanzierungsmodellen zu ermöglichen, haben wir im Folgenden einige der möglichen Lösungen vorgestellt.
Investitionskredite
Diese Kreditform basiert auf einem endfälligen Darlehen. Das bedeutet, dass die gesamte Finanzierungssumme am Ende der Laufzeit zurückgezahlt werden muss. Während der Laufzeit müssen lediglich die Sollzinsen gezahlt werden, die aufgrund des gleichbleibenden Darlehens konstant bleiben und sich dadurch gut für etwaige Kalkulationen eignet. Der Vorteil besteht hierbei in der steuerlichen Absetzbarkeit der Sollzinsen, die zu einem großen Teil angerechnet werden können. So entsteht ein Steuervorteil, der nicht zu vernachlässigen ist. Die Besparung für die Endtilgung erfolgt in Form von Immobilien-/Investmentfonds oder ähnlichem, die gleichzeitig als Sicherheit bei Zahlungsausfall dienen. Die aus der Besparung erfolgenden Zinsen können im besten Fall sogar höher liegen, als die Ausgaben für die Tilgung der Sollzinsen.
Tilgungsdarlehen und Annuitätendarlehen
Alternativ dazu kann die Finanzierung über ein Tilgungsdarlehen erfolgen. Dabei wird über die Finanzierungslaufzeit regelmäßig eine konstante Darlehenstilgung fällig, die beglichen werden muss. Daraus resultiert, dass die Darlehenstilgung konstant bleibt, die Zinszahlungen allerdings mit jeder Tilgung geringer wird, da sich die Gesamtsumme des Darlehens verringert. Prozentual bleibt der Zinssatz allerdings gleich. Dies ermöglicht Ärzten einen größeren finanziellen Spielraum je weiter fortgeschritten die Tilgung ist.
Annuitätendarlehen
Eine weitere Form der Finanzierung stellt das Annuitätendarlehen dar. Bei dieser Finanzierungsform bleiben die fälligen Gesamtzahlungen über den Zeitraum konstant und bestehen aus einer Mischung von Tilgungsrate und Sollzinsen. Das Verhältnis der beiden Komponenten wird dabei zwischen den Zahlungszeitpunkten so angepasst, dass sich die gleiche Summe über den gesamten Zeitraum erstreckt. Durch die konstanten Raten bietet diese Form des Darlehens eine hohe Kalkulationssicherheit und kann bereits im Vorfeld in die langfristige Planung exakt mit einbezogen werden. Im Gegensatz zum Tilgungsdarlehen variiert in dieser Variante also der prozentuale Zinssatz, der mit zunehmender Laufzeit größer wird, um die geringeren Tilgungsbeträge auszugleichen und für eine einheitliche Summe zu sorgen.
Tipp: Um einen möglichst effizienten Finanzierungsplan zu erhalten, bietet es sich an, die Finanzierung im Rahmen eines “Praxiskonzepts” zu realisieren. Dabei handelt es sich um ein ganzheitliches Konzept, welches die Praxisfinanzierung mit einer privaten Immobilienfinanzierung und der Altersvorsorge kombiniert, um so Zins- und Steuervorteile durch vorhandene Synergieeffekte zu erzielen.
Die Laufzeit der Praxisfinanzierung
Die sinnvolle Wahl eines Finanzierungsmodells beruht letzten Endes auf der individuellen Ausgangslage des Arztes und sollte mit dem Kreditgeber in einer persönlichen Beratung final geklärt werden. Um mehr finanzielle Freiheit zu gewinnen und gleichzeitig einen Teil der Steuerersparnis besser nutzen zu können, bietet ein Hybridmodell eine Alternative zur Nutzung einer alleinigen Finanzierungsmethode. So kann eine regelmäßige Rückzahlung einer Teilsumme mit einer einmaligen Tilgung für die Restsumme am Ende der Laufzeit kombiniert werden. Ungeachtet für welches der oben genannten Modelle sich der Arzt letztendlich entscheidet, sollten Darlehen für eine Praxisfinanzierung innerhalb von 8 bis 10 (in Ausnahmefällen 12) Jahren zurückgezahlt werden. Der Grund: Da die Praxisfinanzierung auch auf die Abschreibungen einer Praxis abzustellen ist, kann eine “Steuerfalle” nach der Abschreibungsperiode auftauchen, die in der Regel 10 Jahre beträgt.
Partner und Anbieter von Praxisfinanzierung
Die großen Finanzierungssummen werden von einer großen Finanzinstitution getragen. Da aber nicht nur das notwendige Kapital vorhanden sein muss, sondern bei einer Beratung im Bereich Praxisfinanzierung auch besonderes Know-How gefragt ist, kommt nicht jedes Kreditinstitut für diese Aufgabe in Frage. Im Folgenden haben wir einige vertrauenswürdige Unternehmen aus dem Bereich Finanzierung und Banking für Ärzte gelistet, die Sie mit langjährigem Erfahrungsschatz kompetent bei Ihrer Praxisfinanzierung unterstützen können.
Anbieter | Beschreibung |
Apobank | Die Apobank gilt als der größte Ansprechpartner rund um die finanziellen Angelegenheiten für Apotheker und Ärzte bundesweit. Rund 60 % aller Gründungen im medizinischen Bereich werden durch die Apobank betreut, die einen enormen Fokus auf die Beratung legt. Neben den eigentlichen finanziellen Dienstleistungen werden ebenfalls eine Praxisbörse zur Vermittlung und ein Gründerportal mit nützlichen Informationen rund um das Thema Praxisgründung geboten. |
Deutsche Ärzte Finanz | Obwohl die Deutsche Ärzte Finanz nicht selbst die Finanzierungssumme als Kredit vergibt, verhilft sie Ärztinnen und Ärzten zu guten Konditionen bei Kreditinstituten und begleitet den gesamten Finanzierungsprozess von der Erstberatung bis zur endgültigen Tilgung der Darlehenssumme. Der Fokus liegt auf individuellen und passgenauen Finanzierungslösungen, welche die privaten Wünsche und Pläne der Ärzte mit der beruflichen Finanzierung kombinieren, um durch Synergien die bestmöglichen Konditionen erreichen zu können. |
KfW - Kreditinstitut für Wiederaufbau | Eine Alternative zu den dominanten Anbietern am Markt bietet die Gründerfinanzierung des KfW. Ärzte sind mit ihren Praxen genauso Unternehmer wie andere Gründer auch. Auch bei einer Praxisübernahme kann das KfW unterstützen und bietet nützliche Tipps auf ihrem Online Portal zum Thema Selbstständigkeit und Gründung, die auch für Ärzte hilfreich sein können. Bei einem KfW-Kredit wird trotzdem die Hausbank zugezogen, die sich um die Abwicklung kümmert, während das KfW den Kredit fördert und absichert. |
Deutsche Bank | Die Deutsche Bank bietet unter dem Schirm der Geschäftskunden ein eigenes Programm für Ärzte mit eigener Praxis an. Zusätzlich zur Beratung und den Finanzierungsmodellen bietet die Deutsche Bank verschiedene Online Tools an. Darunter befinden sich unter anderem der PraxisCheck für eine Standort und Wettbewerbsanalyse, eine Praxisbörse für Übernahme-Inserate und der Investitionscheck zur Bestimmung der Amortisierung von Medizintechnik. |
Commerzbank | Aus Banksicht ist der Aufbau einer Praxis ist mit langfristigen finanziellen Entscheidungen verbunden. Die Commerzbank begleitet das Investitionsvorhaben individuell und lösungsorientiert mit einem speziell Praxisdarlehen, dass mit den Konditionen an die Bedürfnisse der Ärzte zugeschnittenen ist. Darüber hinaus unterstützt Sie die Commerzbank bei der Beantragung von öffentlichen Fördergeldern der KfW-Bankengruppe (Kreditanstalt für Wiederaufbau). |
Hypovereinsbank | Die HVB Heilberufespezialisten sind in regionalen Teams sowie in einer modernen Online-Beratung gebündelt, um für Praxis und Apotheke regional erreichbar zu sein. Die HVB Spezialisten beraten Praxen und Apotheken bei der Gründung neuer Standorte und medizinischer Kooperationsformen als Finanzpartner gemeinsam mit Ihrem Steuerberater und Rechtsanwalt. Größer werdende Versorgungseinheiten profitieren von der Erfahrung eines Instituts, dass sich selbst als "Unternehmer Bank" bezeichnet. |
Hausbanken | Wie auch bei anderen Finanzierungssituationen kann die eigene Hausbank ebenfalls eine Adresse für die Praxisfinanzierung darstellen. Dafür sollten Sie vorab überprüfen, ob es in diesem Segment bereits ein Erfahrungsportfolio gibt. Viele dezentrale Bank, wie bspw. die Sparkassen oder Volksbank-Reifeisenbanken verfügen über Spezialisten vor Ort mit dem passenden Know-How. Bietet die Hausbank kein spezielles Programm für Heilberufe an, können Beratungsunternehmen wie die Deutsche Ärzte Finanz oder spezialisierte Kreditinstitute wie die ApoBank meist bessere Konditionen und Lösungen erzielt werden, als bei der Hausbank. |
Kosten einer Praxisfinanzierung
Je nach Fachrichtung unterscheiden sich die Kosten, mit denen Ärzte bei einer Praxisübernahme oder Neugründung rechnen müssen, enorm. Dies ist vor allem auf die unterschiedlichen Anforderungen der jeweiligen Fachrichtungen an die Praxisräumlichkeiten und Medizingeräte zurückzuführen. Während ein Hausarzt die meisten Untersuchungen mit Ultraschall- und EKG-Geräten durchführen kann, muss eine Radiologische Praxis Röntgengeräte anschaffen, die nicht nur im Gerätepreis deutlich über Ultraschallgeräten liegen, sondern bspw. eine zusätzliche Raumausstattung zum Strahlenschutz erfordern.
Im Überblick lässt sich zusammenfassen, dass Allgemeinmediziner bei einer Praxisgründung oder -übernahme durchschnittlich zwischen 103.000 und 126.000 Euro in ihre Praxis investieren müssen. Zahnärzte hingegen liegen mit 241.000 bis 338.000 Euro deutlich darüber, was zum Großteil den teureren Gerätschaften geschuldet ist. Orthopäden müssen ebenfalls mit ähnlichen Beträgen rechnen und können sich durchschnittlich auf Investitionskosten zwischen 223.000 und 334.000 Euro einstellen. Dazu sei angemerkt, dass die hohen Investitionen sich durch die teureren Behandlungen ein Stück weit ausgleichen und damit zu hören Einnahmen beitragen.